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Zurück zur ÜbersichtTaggenaue Betrachtung für Kindergeldanspruch eines bulgarischen Kindes
Der Ablauf des Zeitraums für einen Kindergeldanspruch ist taggenau zu ermitteln, sodass eine Kindergeldberechtigung für vier Monate, die in den dreimonatigen Zeitraum des Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 FreizügigkeitsRL fallen, bestehen kann. So entschied das Finanzgericht Münster (Az. 8 K 2918/22).
Die Klägerin und ihre Tochter sind bulgarische Staatsangehörige, die am 20. Januar 2022 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist waren. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 FreizügG/EU erfüllte die Klägerin unstreitig nicht. Die Familienkasse setzte gegenüber der Klägerin Kindergeld für die Monate Januar bis März 2022 fest, lehnte jedoch eine Kindergeldfestsetzung für den Monat April 2022 ab. Aus der Weisung des Bundeszentralamts für Steuern zum Ausschluss der Kindergeldzahlungen nach § 62 Abs. 1a EStG nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-411/20) folge, dass ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (nur) in den ersten drei Kalendermonaten nach Begründung des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts im Inland bestehe. Die Weisung impliziere eine kalendermonatsbezogene Betrachtung; eine taggezogene Betrachtung des Zeitraums sei nicht möglich.
Die Klägerin hat nach Auffassung des Gerichts auch für den Monat April 2022 einen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter. Die Klägerin und ihre Tochter hatten im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Zu Unrecht gehe die Beklagte jedoch davon aus, dass das EuGH-Urteil C-411/20 – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG – dazu führe, dass nur für die ersten drei Kalendermonate und nicht auch für den vierten Kalendermonat, in den der dreimonatige Zeitraum ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts fällt, ein Anspruch auf Kindergeld bestehe.
Der Zeitraum sei jedoch im Sinne des § 62 Abs. 1a Satz 3 EStG taggenau zu ermitteln. Hierfür spreche auch der Wortlaut des § 62 Abs. 1a Satz 1 EStG, der den Zeitraum der „ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts“ an ein Ereignis anknüpft, das in den Lauf eines bestimmbaren Tages fällt. Bei der von der Beklagten vertretenen Auffassung würde der Kindergeldanspruch für den streitigen Monat April 2022 von weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 FreizügG/EU abhängig gemacht, obwohl sich die Klägerin und ihre Tochter im Monat April noch mindestens einen Tag, hier sogar 20 Tage, nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU in der bis zum 24. April 2023 gültigen Fassung rechtmäßig in Deutschland aufgehalten haben. Nach § 66 Abs. 2 EStG werde das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Daraus ergebe sich, dass Kindergeld für jeden Monat zu gewähren ist, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wenigstens an einem Tag erfüllt sind. Hier erfülle die Klägerin die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in den ersten vier Kalendermonaten, in denen ihr rechtmäßiger Aufenthalt von drei Monaten nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU fällt.
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